Donnerstag, 20. März 2014

Grenzen sind nur Linien im Sand


Die Bahn fuhr langsam dahin, dann um die Kurve, am Denkmal links vorbei und dann über die Brücke. Doch was musste ich da erblicken? Über Nacht hatte sich wieder ein vermeintlicher Picasso einen bösen Scherz erlaubt und seinen „tag“ an die steinerne Brücke gesprüht. In schwarzen Lettern prangte da:
Linien sind nur Grenzen im Sand
Nicht einmal das hatte unser Shakespeare richtig hinbekommen. Denn eigentlich heißt der Spruch:
Grenzen sind nur Linien im Sand.
Ich sinnierte eine Weile über diesen Satz, während die Bahn ratternd ihren Weg fortsetzte.
Geologisch betrachtet gibt es Plattengrenzen. Das sind tektonisch aktive Zonen in der Erdkruste, auf der wir uns bewegen. Durch die Konvektion im Erdmantel schieben sich verschiedene Erdplatten (Kruste) beständig über den flüssigen Erdmantel. Einige dieser Plattengrenzen bilden auch den Ende eines Kontinents, eine natürliche Grenze also. Der Ort, an dem das Land aufhört und das Wasser beginnt. Alle anderen Grenzen sind nicht natürlichen Ursprungs, sie sind menschengemacht.
Wenn ein Mensch sich denkt, er besäße ein großes Reich und will nun die Grenzen seines Reiches markieren, dann lässt er zumeist eine Karte anfertigen und darauf die Grenzen seines Reiches einzeichnen. Idealerweise stellt er an einigen Stellen an der Grenze sogenannte Grenzsteine auf.
Grenzdenken fängt schon im Kleinkindalter an. Geschwister definieren sehr schnell, was „meine Seite“ und „deine Seite“ ist, Konkurrenz scheint angeboren. So kann es schon mal passieren, dass beim gemeinschaftlichen Buddeln im Sandkasten Streit ausbricht und schließlich durch eine beherzt gezogene Linie im Sand eine Grenze gezogen wird. Sie steht im obigen Spruch symbolisch für alle Grenzen dieser Welt.
Eigentlich ist jede Grenze nur eine dünne Linie im Sand. Diese Linien sind vergänglich. Eine Welle oder ein Windhauch und die Linie ist weggewaschen oder wurde hinfortgeblasen. Genauso sind unsere Grenzen vergänglich. Sie haben keinen Bestand, wenn sie nicht gegenseitig anerkannt werden.
Jeder, der einmal im Flugzeug geflogen ist, speziell über Wüstengebiete oder die Steppen Asiens, wird bestätigen, dass es keine Grenzen gibt. Aus der Luft sehen wir nur ein großes, üppiges Land, was sich unter uns erstreckt. Schon John Lennon sang darüber: ...imagine there are no countries... In einigen Städten, die direkt auf einer (Staats-)Grenze liegen, weist lediglich ein andersfarbiger Stein auf die imaginäre Linie hin. 
 
Andere bauen sich meterhohe Mauern, um das Nachbarland aka. Geschwisterkind zu einer Anerkennung der Grenze zu zwingen.
Bis wir allerdings in einer Welt leben, die vollständig begreift, wie sinnlos diese Linien sind, wird noch viel Wasser den Amazonas hinunterfließen.

Bildnachweise:
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