Die Bahn fuhr langsam dahin, dann
um die Kurve, am Denkmal links vorbei und dann über die Brücke. Doch was musste
ich da erblicken? Über Nacht hatte sich wieder ein vermeintlicher Picasso einen
bösen Scherz erlaubt und seinen „tag“ an die steinerne Brücke gesprüht. In
schwarzen Lettern prangte da:
Linien sind nur Grenzen im Sand
Nicht einmal das hatte unser
Shakespeare richtig hinbekommen. Denn eigentlich heißt der Spruch:
Grenzen sind nur Linien im Sand.
Ich sinnierte eine Weile über
diesen Satz, während die Bahn ratternd ihren Weg fortsetzte.
Geologisch betrachtet gibt es
Plattengrenzen. Das sind tektonisch aktive Zonen in der Erdkruste, auf der wir
uns bewegen. Durch die Konvektion im Erdmantel schieben sich verschiedene
Erdplatten (Kruste) beständig über den flüssigen Erdmantel. Einige dieser
Plattengrenzen bilden auch den Ende eines Kontinents, eine natürliche Grenze
also. Der Ort, an dem das Land aufhört und das Wasser beginnt. Alle anderen
Grenzen sind nicht natürlichen Ursprungs, sie sind menschengemacht.
Wenn ein Mensch sich denkt, er
besäße ein großes Reich und will nun die Grenzen seines Reiches markieren, dann
lässt er zumeist eine Karte anfertigen und darauf die Grenzen seines Reiches
einzeichnen. Idealerweise stellt er an einigen Stellen an der Grenze sogenannte
Grenzsteine auf.
Grenzdenken fängt schon im
Kleinkindalter an. Geschwister definieren sehr schnell, was „meine Seite“ und
„deine Seite“ ist, Konkurrenz scheint angeboren. So kann es schon mal
passieren, dass beim gemeinschaftlichen Buddeln im Sandkasten Streit ausbricht
und schließlich durch eine beherzt gezogene Linie im Sand eine Grenze gezogen
wird. Sie steht im obigen Spruch symbolisch für alle Grenzen dieser Welt.
Eigentlich ist jede Grenze nur
eine dünne Linie im Sand. Diese Linien sind vergänglich. Eine Welle oder ein
Windhauch und die Linie ist weggewaschen oder wurde hinfortgeblasen. Genauso
sind unsere Grenzen vergänglich. Sie haben keinen Bestand, wenn sie nicht
gegenseitig anerkannt werden.
Jeder, der einmal im Flugzeug
geflogen ist, speziell über Wüstengebiete oder die Steppen Asiens, wird
bestätigen, dass es keine Grenzen gibt. Aus der Luft sehen wir nur ein großes,
üppiges Land, was sich unter uns erstreckt. Schon John Lennon sang darüber: ...imagine there are no
countries... In einigen Städten, die direkt auf einer (Staats-)Grenze
liegen, weist lediglich ein andersfarbiger Stein auf die imaginäre Linie hin.
Andere bauen sich meterhohe Mauern, um das Nachbarland aka. Geschwisterkind zu
einer Anerkennung der Grenze zu zwingen.
Bis wir allerdings in einer Welt leben, die vollständig begreift, wie sinnlos diese Linien sind, wird noch viel Wasser den Amazonas hinunterfließen.
Bis wir allerdings in einer Welt leben, die vollständig begreift, wie sinnlos diese Linien sind, wird noch viel Wasser den Amazonas hinunterfließen.
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