Dienstag, 6. Mai 2014

Wer hat eigentlich das ABC sortiert? Sinnvolle Antworten auf sinnlose Fragen – Teil 2


Zunächst einmal muss man sagen, dass wir hier vom uns heute bekannten lateinischen Alphabet ausgehen und davon gibt es nicht nur DIE eine Sortierung. Wikipedia listet über 6 gebräuchliche Sortierungen auf, die meisten betreffen aber nur Unterschiede in der Einsortierung der Sonderzeichen. Die beiden in Deutschland gebräuchlichen Sortierungen werden in der DIN 5007 „Ordnen von Schriftzeichenfolgen (ABC-Regeln)“ Variante 1 und 2 geregelt (wie kann es in Deutschland auch anders sein). Ursprünglich stammt die Sortierung von Buchstaben aus dem Lateinischen. Etwa 10 Jahre vor dem Jahre 0 gab es das erste alphabetisch sortierte Wörterbuch. Verantwortlich dafür war Marcus Verrius Flaccus. Aber er war längst nicht der erste, der Buchstaben sortiert hat.
Buchstaben sind eigentlich nur schriftliche Symbole für die kleinsten bedeutungsunterscheidenden lautlichen Einheiten (Phoneme). Die meisten heute gebräuchlichen Alphabete gehen auf die griechischen oder lateinischen Alphabete zurück, welche beide global der Reihenfolge des phönizischen Alphabets nachempfunden sind. Eine erste Sortierung hat es aber wohl schon mit der ersten entstandenen Schrift gegeben um 2000 v. Chr. im alten Ägypten. Diese Schrift gibt die Sprache der semitischen Arbeiter wieder und wird als protosemitisches Alphabet bezeichnet. Es basiert auf der ägyptischen Konsonantschrift, die zur Erleichterung beim Lesen der Hieroglyphen geschaffen worden war.
Semitische Wüstenstämme im Nahen Osten*  formten um 1500 v. Chr. aus einer Bilderschrift die Anfangslaute zu Konsonantenbuchstaben. Diese Schrift übernahmen die Phönizier. Das Phönizische war eine Konsonantenschrift, die sich um 1000 v. Chr. entwickelte, aus der auch die hebräische und arabische Schrift entstanden, welche ebenfalls (weitgehend) Konsonantenschriften sind.
Das Alphabet des Phöniszischen ist akrophonisch (die Buchstaben sind benannt nach einem Gegenstand, der mit dem gleichen Buchstaben beginnt). Es gab auch schon vor dem Vorläufer der phönizischen Schrift andere Keilschriften, die zwar schon ein Alphabet aufwiesen, aber nicht direkte Vorläufer unserer heutigen Alphabetschriften sind. Doch die Forschungen in diesem Bereich sind auch noch nicht abgeschlossen. Durch das weiträumige Handelsnetz der Phönizier verbreitete sich das Phönizische Alphabet rasch im gesamten Mittelmeerraum. Das Alphabet wurde etwa im 9. Jh. v. Chr. von den Griechen übernommen und unbekannte konsonantische Laute wurden durch Vokale ersetzt, was die willkürliche Anordnung von Vokalen erklärt. Die Namen der Bilderschriftzeichen behielt das Griechische sogar bei, sie haben sich bis heute nur ein klein wenig verändert.
Dieses Alphabet wurde aber erst im Jahre 403 v. Chr. normiert. Zwischen dem 7. und  4. Jh. v. Chr. gelangte das griechische Alphabet nach Italien, wo es die Etrusker übernahmen, welche durch die Römer weitgehend verschwanden. Ihr Alphabet überlebte im Latein und wurde von Italien im 1. Jh. v. Chr. durch die Römer ins restliche Mitteleuropa transportiert. In Zeiten römischer Herrschaft wurde das Alphabet mehrmals umsortiert. Im 6. Jh. n. Chr. wurde von den Angelsachsen das W und U hinzugefügt, um das 16. Jh. setzte sich die Unterscheidung in I und J durch.
Die ursprüngliche Sortierung stand also schon um das Jahr 1400 v. Chr. fest, wurde aber erst von den Griechen in der heute bekannten Reihenfolge festgelegt. Kleinere Änderungen gab es bis ins frühe 17. Jahrhundert. Wer allerdings derjenige war, der das ABC sortiert hat, das kann man heute nicht mehr sagen.

*Einige Quellen sprechen von der Ugaritischen Schrift (einer Keilschrift aus Vorderasien), andere von einer sumerischen Bildern, die zu Silben-Symbolen werden oder auch von einer Glyphen-Vorform aus dem Sinai-Gebiet (auf der Sinai Halbinsel wurden ca. 3500 Jahre alte Piktogramme gefunden). Eine genaue Abstammungs-Liste gibt es hier:

Bildnachweis: http://peter-matussek.de/Leh/V_13_Material/demos_lego/lektionen/06/6_1_0_dokumente/phoin_alph.jpg

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen