Chantalismus
nennt man die Angewohnheit junger Eltern ihre Kinder mit seltsamen
Namensschöpfungen zu benennen. Es fing eigentlich alles ganz harmlos an.
Die Aufbruchsstimmung
Mitte und Ende der 80er Jahre in der ehemaligen DDR führte dazu, dass junge
Eltern ihre Kinder verstärkt mit englisch klingenden Namen benannten.
So
besuchten Anfang der 90er viele Sandys und Mandys und Rickys die deutschen
Grundschulen.
1997
lernte ich dann ein Kleinkind mit dem Namen Emma kennen. Innerlich drückte ich
dem Kind mein Bedauern aus, denn Emma war ein Name, der für mich bis dahin etwa
gleich attraktiv war, wie Erna, Edeltraudt und Sieglinde. Äußerlich nickte ich
einfach nur. Meine Oma wurde 1890 geboren, sie hieß Erna. Aber alte Namen sind
ja wieder in, merkte ich in den darauffolgenden Jahren. Auch wenn Emma für mich
nie gleichziehen konnte zu Magdalena, Johanna oder Charlotte. Doch Emma trat in
den letzten Jahren einen Siegeszug an und stand 2014 auf Platz 1 der beliebtesten
Mädchenvornamen in Deutschland. Ein sehr schöner Blogbeitrag
von Annemarie Lüning versucht diesem beispiellosen Siegeszug auf den Grund zu
gehen.
Ein
ähnlich gelagerter Fall war es auch als mir ein Bekannter 2001 seinen
Sprössling als Ludwig vorstellte. In den folgenden Jahren lernte ich viele
Ludwigs kennen und mittlerweile ist der Name nichts ungewöhnliches mehr für
mich. Damals jedoch war ich verwirrt. Würden jetzt auch bald die Namen
Friedrich, Gottfried und Walter wieder modern werden? Nun, Friedrich gewinnt an
Fahrt, auszuschließen ist es nicht. Letztens lernte ich auf der Buchmesse einen
10-jährigen Günter kennen. Das arme Kind, dachte ich bei mir.
Ja,
wie die Mode, so scheint auch die Beliebtheit deutscher Vornamen einem stetigen
Wandel und der ewigen zyklischen Wiederkehr unterworfen zu sein. Etwa 80-100
Jahre liegen zwischen zwei Beliebtheitsspitzen. Was bedeutet, dass uns Karin,
Sabine, Antje, Petra, Hermann, Ludger, Detlef und Steffen noch eine Weile
erspart bleiben werden.
Übrigens
zeitlos aktuell sind Anna, Maria oder Julia aber diese Namen wurden in den
80ern so überstrapaziert, dass Kinder in den 90ern in Schulen teilweise
durchnummeriert werden mussten. Ähnliches passiert derzeit bei dem Namen Leon,
wie Heino Trusheim in seinem Video „Wir Deutschen werden
weniger“ orakelt.
Die
Sandys und Mandys von gestern sind es nämlich, die die Kevins, Justins,
Jaquelines und Chantales auf die Welt bringen. Und wir alle wissen, dass man
mit so einem Namen schon mal gestraft genug ist. Einige große Tageszeitungen
titelten bereits: „Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose!“ Denn sogar Grundschullehrer
haben Vorurteile gegenüber so benannten Kindern im Bezug auf ihre schulischen
Leistungen. Das geht sogar so weit, dass sie schlechtere
Noten bekommen, auch wenn sie die gleichen Leistungen zeigen, wie ihre
Klassenkameraden Hannah und Alexander.
Dann
kam ein neuer Trend auf. Der Name des neuen Erdenbürgers sollte so
ungewöhnlich, wie möglich sein. Das führte zu Kindern, deren Namensgebung, den
Begriff des Chantalismus geprägt hat. Es gibt auch eine entsprechende Webseite,
auf der solche Namen gesammelt werden: Chantalismus
Beispiele
gefällig?
Plötzlich
tragen Kinder Namen von
- Automarken (Mercedes, Chrysler)
- Monaten (Juli, November)
- Tieren (Tiger, Jaguar)
- Spielen (Domino, Mikado)
- Musikrichtungen (Jazz)
- Himmelskörpern (Sonne)
- Personengruppen (Prinzessin, Mädchen)
- Landschaften (Birkenfeld)
- Nahrungsmitteln (Gurke, Olive, Praline)
- Getränken (Fanta, Pepsi)
- Elementen (Iron)
- Musikgruppen (Metallica)
- religiösen Figuren (Messias, Jesus)
- Berufsbezeichnungen (Pilot, Inspector)
- und fiktiven Personen (Rapunzel, Winnetou, Pumuckl, Zorro). (Quelle 1)
Auch
die Englisch-ist-modern-Welle 2.0 gewinnt langsam an Fahrt mit Namen, wie
Seimen, Aprilshowers, Dixie Dot oder Bryce und Tykwer.
Ebenso
sprießen überall Vornamen, wie „Sturmhart“, „Windsbraut“, „Matt-Eagle“, „Solarfried“,
„Sherrif“, „Schokominza“, „Harley“, „Canon“ und „Waterloo“ aus dem Boden.
Aber jetzt kommt der nächste Trend. Chantalismus 2.0.
Man
kennt das ja schon aus Brasilien oder anderen südamerikanischen Ländern. Da
heißen Kinder „Adolfo Hitler“, „Himmler Hitler
Göring“, „Stalin“, „Eisenhower“, „Rambo“, „Goethe“,
„Einstein“ oder „Beckenbauer“.
Und
auch hierzulande wurden bereits Namen zugelassen, wie „Napoleon“, „Leonardo da
Vinci“ und „Ikea“. Und auch Namen von Prominenten, wie Schauspielern und die
Namen von deren Kindern sind ebenso beliebt, wie die Namen von royalen Knirpsen
der europäischen Restmonarchien.
Aber,
dass jetzt eine ghanaische Frau ihr Kind Angela
Merkel nennen darf, finde ich etwas übertrieben. Denn eigentlich ist es in
Deutschland nicht zulässig Nachnamen als Vornamen zu verwenden. Deutsche
Standesämter müssen sich sowieso schon mit den kuriosesten Dingen herumschlagen.
Warum das also? Ist das jetzt ein Präzedenzfall?
Nein,
denn es gilt bei der Namenswahl das Recht des Heimatlandes der Mutter. Eine
Asylbewerberin darf also ohne weiteres ihr Kind Angela Merkel nennen, uns
Deutschen bleibt das Ganze weiterhin untersagt. Manchmal haben deutsche Gesetze
auch was Gutes.
10 Dinge, die man beim Namen des Kindes beachten sollte
- Ein Vorname sollte das Kind nicht zum Spott seiner Mitmenschen machen.
- Ein Vorname sollte gut zum Kind passen und gut klingen.
- Und die Kinder werden ja auch irgendwann einmal erwachsen. Was machen Jaqueline und Chantal dann? Früher hießen nur Damen des leichten Gewerbes mit Künstlernamen so.
- Der Vorname sollte nicht zu ungewöhnlich sein (jeder, der bei jedem zweiten Telefonat seinen Namen buchstabieren muss, wird mir zustimmen).
- Das Kind muss die Chance haben sich mit seinem Vornamen zu identifizieren. Das ist zur Entwicklung eines Selbstbewusstseins sehr wichtig.
- Das Geschlecht des Kindes muss aus dem Namen eindeutig erkennbar sein (deswegen lieber auf den hippen afrikanischen, alaskischen oder indianischen Namen verzichten).
- Maximal fünf Vornamen sind erlaubt
- Namen von Dingen, die im Deutschen bereits eine Bedeutung haben, sollten vermieden werden
- Die deutsche Schreibung von englischen Namen macht den Namen nicht cooler.
- Der Name darf kein Nachname sein.
Im
Zweifelsfalle, liebe Neueltern, denkt immer daran, dass euer Kind mit diesem
Namen ein Leben lang herumlaufen muss. Und auch der Name prägt den Charakter.
Du bestimmst, ob dein Kind ein anständiger Mensch oder ein Arschloch wird.
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