Wie
nennt man es, wenn man keinen Durst mehr hat? Kleiner Tipp: „sitt“ ist es
nicht. Dabei gibt es eine ganz einfache Lösung für dieses Wortproblem. Welche?
Einfach weiterlesen!
Seit
1999 der Eisteehersteller Lipton und der Dudenverlag einen Wettbewerb
ausrichteten, um die Bedeutungslücke für „keinen
Durst mehr haben“ oder „nicht mehr
durstig sein“ im Deutschen zu füllen, kennen wir das Wörtchen „sitt“.
Sitt
ist leicht sprechbar, klingt ähnlich, wie satt, ist leicht zu beugen und zu
steigern und lässt sich mühelos flektieren. Zudem bedeutet das lateinische
"sitim sidare" "den Durst löschen".
Dumm
nur, dass es keiner verwendet.
Worte
kann eben keiner einfach bestimmen. Schon der Philosoph Ludwig
Wittgenstein sagte:
„Die
Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache.“
Anders
gesagt: Erst unsere Verwendung eines Wortes im alltäglichen Gespräch gibt dem
Wort seine Bedeutung.
Der Tatsache war sich Matthias Wermke, Leiter der
Duden-Redaktion durchaus bewusst, als er die Findung des Wortes sitt
kommentierte: „Ob das Wörtchen allerdings Eingang in den Duden findet, hänge
davon ab, ob die Sprachgemeinschaft es verwendet: "Wir können ja nicht
diktieren, wie die Sprache aussehen soll, sondern nur beobachten, wie sie
verwendet wird.“
Wie
man in meinem Blogpost über frühere
Neologismen nachlesen kann, versuchten schon vor hundert oder zweihundert
Jahren Menschen bestimmte Wörter in die deutsche Sprache einzubringen. Nur
wenige hatten Erfolg.
Auch
heute noch gibt es Worte, die versuchen ihren Weg in die deutsche Sprache zu
finden oder versuchen drin zu bleiben oder Gegenstände,
die eine Bezeichnung suchen.
Bis heute konnte sich sitt nicht
wirklich durchsetzen, in Wörterbüchern wird es nicht geführt.
Gelegentlich wird satt ebenfalls
als Gegenbegriff zu durstig verwendet.
Bei
dem Wettbewerb, den sitt gewonnen hat, haben rund 100.000 Menschen rund 45.0000
Vorschläge eingesandt. Darunter waren Worte, wie "gewässert",
"gelöscht", "abgefüllt",
"nimedu"
(für "nicht mehr durstig"), "dulo" (für
"durstlos"), "trinksatt", "gelabt", „gecoked“, „liptoniced“,
„getränkt“, „soff“, „sattgetrunken“,
„antidurstig“, „börps“, „burps“, „plopp“ oder „öff“, was Klaus Jansen sogar
versucht wissenschaftlich
herzuleiten.
Statt sich aber eines Kunstwortes
zu bedienen, könnte man sich einfach auf bestehende Wörter beziehen. Das
Deutsche kennt nämlich bereits ein Wort für nicht mehr durstig sein. Es hat nur
seine Bedeutung verloren bzw. die Bedeutung wurde verschoben.
Dieses Wörtchen heißt „still“.
Wenn man ein Kind stillt, stillt
man seinen Durst. Wer eine Flasche Wasser trinkt, stillt ebenfalls seinen
Durst. Das korrekte Verb für „nicht mehr durstig sein“ wäre also: Ich bin still
bzw. gestillt.
Die Frage ist, warum kaum noch einer
die Bedeutung kennt. Einige vermuten, es könne daran liegen, dass es – im Gegenteil
zu satt - keine körperliche Empfindung gibt, die mit einem Begriff beschrieben
werden müsse. Doch da uns die Frage nach dem richtigen Begriff nach wie vor
umtreibt, scheint diese körperliche Empfindung ja doch von gesteigerter
Bedeutung zu sein.
Über solche Probleme können auch nur Deutsche
nachdenken. Millionen Menschen weltweit leiden unter Durst. Sie werden so ein Wort
niemals brauchen. Und auch im Rest der Welt wird Wasser langsam zur Mangelware.
Also einfach eine Weile warten, dann löst sich das Problem fast von selbst.
Auf der anderen Seite steht die Frage, was so schlimm daran ist, eine Phrase als Umschreibung eines Begriffes zu verwenden. In Redewendungen oder Redensarten begegnen uns solche Phrasen tagtäglich. Sie gehören zu unserer Sprache, wie alle anderen Begriffe auch. Und auch Phrasen haben ihre Bedeutung durch Ihren Gebrauch in der Sprache bekommen.
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